SÜDKURIER vom 18. August 1971
Konstanzer Maler versucht alte Tradition aufzunehmen
Fassadenmalerei soll wieder mehr in Erscheinung treten - Vorbilder aus früherer Zeit
koh. Reich bemalte Häuserfassaden, viel farbiges Dekor, historische Szenen auf Wandfronten - dies alles bestimmte einst mit das mittelalterliche Stadtbild, fand auch in späteren Zeiten mehr oder weniger glückliche Nachahmung. In der Konstanzer Altstadt haben sich noch manche solcher Beispiele aus vergangenen Jahrzehnten und Jahrhunderten erhalten. Heute freilich beherrscht oft Eintönigkeit die Hausfronten, sofern sie nicht von vornherein eine auflockernde architektonische Gliederung erfuhren.
Und wo es doch um künstlerischen Schmuck eines Gebäudes geht, herrschen Sgrafitto-Arbeiten und Bildhauerwerk vor.
Der in Konstanz geborene, aufgewachsene und ansässige Malermeister Hasso Haug möchte nun den Gedanken
der Dekorationsmalerei an Wohnhäusern oder Geschäftsgebäuden wieder erwecken. Angeregt von Vorbildern aus alter Zeit schuf er an der Giebelfront seines Werkstattgebäudes an der Gottlieber Strsse in den vergangenen Wochen ein Exempel: Ein etwa neun Quadratmeter grosses Wandgemälde, darstellend St. Suso, einige Nonnen lehrend. Das Bild, wenngleich durch eine schmale Einfahrt von der Strasse entfernt, zieht immer wieder die Blicke der Passanten auf sich.
Das ist schliesslich auch Sinn der Sache, Hasso Haug verwendet für solche Fassadenmalerei wetterbeständige und lichtechte Kaseinfarben mit erdfarbenem Charakter. Die Konturen der einzelnen Gestalten sind scharf umrissen, treten klar aus dem Hintergrund hervor. Ausdrücklich bekennt
sich Haug für solche Dekorationsmalerei, zur Gegenständlichkeit, so wie er auch vor allem geschichtliche Ereignisse, die sich auf die Stadt beziehen, bevorzugt.
Es gibt derzeit in Konstanz und der Nachbarschaft am Bodensee nur noch wenige Malermeister, die sich der Fassaden-
und Dekorationsmalerei widmen. Vor dem zweiten Weltkrieg hatten sich selbst namhafte Künstler dieser Aufgabe zugewandt,
wie einige Beispiele in der Stadt belegen, Hasso Haug versucht jetzt, diese Tradition wieder aufzunehmen".
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SÜDKURIER vom 24.12.1971
Alte Bauernmöbel - gefertigt Anno 1971
Nach originalem Vorbild gefertigt und in alter Manier bemalt
koh. Zwei hübsche alte Bauernschränke stehen in der Werkstatt des Konstanzer Malermeisters Hasso Haug an der Gottlieber Strasse, offenbar barocker Zeit entstammend, wie die Bilder und Pflanzenornamente, ja sogar die Beschläge verraten können, Landschaften - Alt-Bottighofen und Alt-Konstanz - schmücken den einen, ein Heiligenbild in der Art von Ikonen und das christliche Buchstabensymbol "IHS" den anderen. Doch der Eindruck täuscht: Diese "alten" Schränke sind nagelneu, gefertigt von einem einheimischeri Schreinermeister, in alter Manier bemalt von Hasso Haug. Er betreibt das neben seiner eigentlichen beruflichen Arbeit gewissermassen als Hobby - aus Neu mach' Antik.
Wenn Haug sich bei den nach einem originalen einfachen Bauernschrank aus dem Allgäu gebauten Schränken an die Malerei macht, dann tut er genau das, was ihm bei anderen Aufträgen als schwerer Mangel angekreidet würde: Er trägt die Farben so auf, dass jeder Pinselstrich deutlich sichtbar bleibt. Und er lässt bewusst Farbschichten "platzen" und reissen, dass es schliesslich so wirkt, wie das vor hundertfünfzig und mehr Jahren ein biederer Dorf maier fertiggebracht hätte.
Haug hat für diese Aufgabe - die Idee stammt übrigens von seiner Frau - ein eigenes spezielles Verfahren entwickelt. Das Ergebnis lässt sich an den beiden Musterschränken in seiner Werkstatt ablesen: Man muss schon etwas, von alten Möbeln verstehen, um feststellen zu können, dass diese Schränke durchaus nicht von anno dazumal, sondern von heute stammen. Im nächsten Jahr will Haug sie bei der grossen Schau "Südwest stellt aus" in Schwenningen zeigen.
Der Erfolg gibt dem Malermeister recht: Schon zahlreiche Kunden, unter ihnen Schweizer, haben sich für solche Schränke interessiert, wobei der Maler die Wahl der Motive dem jeweiligen Besteller überlässt. Die Freude am Antiken ist offenbar doch weiter verbreitet als das Angebot an Echtem gross ist.
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